Text: Samuel Müller

Am 07.12.2023 fand die erste der beiden Dezember-Ausgaben des Schöneberger-Demokratiecafés statt. Diesmal war unser Thema „Frieden in Israel/Palästina – was muss geschehen, was können wir tun?“ Über die erlebte Geschichte der Teilnehmer*innen, den Konflikt in Israel/Palästina, seine Auswirkungen auf uns in Schöneberg und über das, was wir tun können, um Frieden zu ermöglichen, wurde intensiv miteinander gesprochen.

Ausgangspunkte für die Diskussion – Leitfragen & Leben

Der Diskussion vorangestellt wurde die Frage, was der Krieg in Israel/Palästina mit uns, als Menschen und als Gesellschaft, macht. Wie gehen wir mit dem täglichen Leid, welches der Krieg verursacht, um? Und wie können wir in Berlin dazu beitragen, dass Frieden entsteht? Damit verknüpften sich schnell weitere Fragen: Dürfen wir sagen, was wir denken? Wie können wir Kritik üben, sodass sie gehört wird und annehmbar ist? Wie geht es unseren Kindern in der Schule, wie lässt sich der Krieg dort zur Sprache bringen?

Als Gesprächsgast war Hamad Nasser geladen. Als Leiter einer sozialen Einrichtung, mit Hausaufgabenbetreuung und weiteren Angeboten für Jung und Alt, und seinen ausgezeichneten Kenntnissen der Region, konnte er Positionen und Argumente auf sehr hilfreiche Weise einordnen. Dabei waren die Erfahrungen und Erlebnisse der Teilnehmer*innen nicht weniger aufschlussreich. Berichtet wurde von der Migration aus Israel/Palästina nach Deutschland in den 1940er Jahren; von der Flucht vor dem Krieg über den Libanon, vom Leben im Flüchtlingslager bis zur Ankunft in Deutschland in den 1970ern, und vom heutigen Krieg, in dem Angehörige und Verwandte in Israel/Palästina wieder alles verlieren, in ständiger Angst und Ungewissheit leben, in Not und in Angst um ihr Leben.

Nach vielfältigen Perspektiven auf die Geschichte des Konflikts stand das Hier und Jetzt in Berlin im Mittelpunkt der Debatte. Folgende Herausforderungen wurden diskutiert.

Schlüsselthemen & Herausforderungen heute

Ein tiefes Gefühl der Ungerechtigkeit und Ausgrenzung prägt das Leben und den Alltag vor allem der anwesenden Muslime und Berliner*innen mit Migrationsgeschichte. Hinzu kommt die Angst – vor Anfeindungen aus der Bevölkerung, Angst vor der Polizei auf Demonstrationen, Angst davor, dass die Kinder in der Schule nicht ernst genommen werden und Ausgrenzung erfahren. Über entsprechende Alltagssituationen wurde berichtet. Auch wurde eine einseitige Darstellung des Kriegs in den Medien kritisiert, sodass sich viele der Anwesenden verstärkt Berichten ausländischer Fernsehsender zuwenden.

Dabei wurde keinesfalls das Leid der Palästinenser*innen über das der Israelis gestellt. Gefordert wurden mehr Diversität und Sachverstand, eine ausgewogene Berichterstattung, eine offene Debatte und Anerkennung des Leids aller vom Krieg Betroffener.

Zudem brachten die Teilnehmer*innen ein, dass uns heute kritische, vor allem jüdische Intellektuelle fehlen oder diese zu wenig gehört werden. Dasselbe trifft auf israelische Nichtregierungsorganisationen zu, die in der Lage sind, einen informierten wie weitsichtigen Blick auf die Politik Israels, aber auch Deutschlands zu richten und diese zu hinterfragen. In der Wahrnehmung der Teilnehmer*innen fehlen ihre Positionen in der Debatte.

Für Frieden einstehen, im Kleinen wie im Großen

Der Wunsch nach Frieden war dabei zentral. „Wir müssen schreien“, hieß es, um gehört und als Gesellschaft wach zu werden, um endlich aus der Geschichte zu lernen und den schon so lange währenden Konflikt beizulegen. Wir müssen uns als Menschen begegnen, um einander zu verstehen, wurde gefordert.

Auch Moussa Issa fordert uns auf und macht uns Mut, mit unseren Mitmenschen in den Austausch zu treten. Es gilt, gesellschaftliche Räume zu bauen, in denen wir, einander zugewandt, in die gemeinsame Interaktion gehen, einmal die Perspektive wechseln und zusammen etwas auf die Beine stellen. Für ihn bedeutete dies, die Sprache des Anderen zu lernen und auch gemeinsam Theater zu spielen (vgl. Die Macht der Sprache von Moussa Issa). Herr Issa, Träger der Verdienstmedaille des Bezirkes Tempelhof Schöneberg für vorbildliches ehrenamtliches Engagement, war unter den Teilnehmer*innen.

Großer Dank an unseren Gesprächsgast und an die Stadtteilmütter in Tempelhof-Schöneberg

Besonderer Dank gilt unserem Gesprächsgast Hamad Nasser, für seine umsichtigen und hochinformativen Beiträge zu unserem Gespräch. Ebenso herzlich danken wir den Stadtteilmüttern in Tempelhof-Schöneberg. Nicht nur Tee und Kuchen standen bereit, worüber sich alle Teilnehmer*innen sehr freuten. Ebenso wichtig waren die kritischen Perspektiven, die die Multiplikatorinnen in die Diskussion einbrachten, die den Stadtteil und die Menschen vor Ort, mit ihren Sorgen und Interessen, exzellent kenne. Allen Beteiligten sei ganz herzlich gedankt.

Die inhaltliche Ausgestaltung und die Moderation lagen bei Marta Mysik und Samuel Müller, Die Projektwerkstatt Berlin – Verein für demokratische Beteiligung und soziale Teilhabe e.V.

Das Demokratiecafé lädt zum Jahresabschluss ein weiteres Mal zu guten Gesprächen, warmen Getränken, Keksen und Musik aus aller Welt ein!

Wann? Donnerstag, 21.12.2023, 17:00-20:00 Uhr

Wo? Pallasstr. 5, 10781 Berlin, in den Räumen der Stadtteilkoordination Schöneberg-Nord

Einladungsflyer und weitere Infos:

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